Sportsucht

1979 tauchte der Begriff der Sportsucht zum ersten Mal in der Wissenschaft auf. Der New Yorker Mediziner Frederick Baekeland wollte die Auswirkungen von Sportverzicht auf den Schlaf und die Psyche untersuchen. Trotz einer höheren Aufwandsentschädigung wollten sehr wenige Teilnehmer nicht einen ganzen Monat auf ihr Training verzichten. Sie nahmen anscheinend den Verzicht nicht als Einschränkung, sondern als Entzug war.

Jahre nach seiner Studie wurde Sport zum Massenphänomen. Sportarten, in denen heute die meiste Abhängigkeit vermutet wird, wie Laufen, Fitness und Aerobic, Marathon und Triathlon, stiegen rasant auf. Gerade Ausdauerdisziplinen und Fitness machen es dem Süchtigen leicht diese auszuüben, da er kaum Ausrüstung oder Technik braucht und nicht auf eine Mannschaft angewiesen ist.

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Verbreitung und Ursachen

Die Zahl der Sportsüchtigen nimmt deutlich zu, vor allem unter den 30-50 jährigen Frauen und 40-60 jährigen Männern, da diese Generation mit der Angst vor dem Altern oder dem Tod zu kämpfen hat. Betroffen sind jedoch oft auch unter 30 Jährige.

Weitere Ursachen sind außerdem klassische Kriterien für die Anfänge einer Sucht, wie eine Trennung oder der Jobverlust. Natürlich spielen auch Persönlichkeitsmerkmale wie Perfektionismus, Ängstlichkeit oder ein negatives Selbstwertgefühl eine große Rolle.

„Die Patienten, die zu uns kommen, sind häufig dramatisch untergewichtig. Denn Sportsucht ist in der Regel eng gekoppelt an eine extreme Essstörung“, erklärt Dr. Gabriele Hiller, Oberärztin der Klinik Roseneck am Chiemsee.

Auch Opfer von Gewalt können süchtig werden. Sie bauen Muskeln auf, um nie wieder körperlich unterlegen zu sein.

Die Betroffenen werden oft nicht erkannt, da es in unsere Gesellschaft positiv belegt ist, wenn man sich fit hält und dabei sehr zielstrebig vorgeht.

Anzeichen für eine Sportsucht

Zeichen, durch die eine Sucht möglicherweise erkannt werden kann sind allgemeine Entzugssymptome wie Ruhelosigkeit, Depressionen, Stimmungsschwankungen, wenn Betroffene die Sportart nicht ausüben könne. Außerdem beschäftigen sich Süchtige auch im Alltag ständig mit dem Thema Sport und richten ihn sogar danach. Sie verlieren die Kontrolle über ihr eigenes Verhalten, vernachlässigen Familie und Beruf.

Eine Studie zeigt bei Betroffenen diese Auswirkungen. 18 freiwillige männliche Läufer wurden in zwei Gruppen unterteilt. Eine Kontrollgruppe aus zehn Männern, die keine Symptome der Sportsucht zeigten und eine Gruppe aus acht Männern, die Symptome aufwiesen. Es zeigte sich, dass bereits eine zwei wöchige Trainingspause bei den sportsüchtigen Teilnehmern zu einem vermehrten Auftreten von depressiver Stimmung, Angstgefühl und Energielosigkeit führt.

Behandlung

Zumeist geht es um eine Behandlung von Begleitsymptomen wie eine Depression oder Schlafstörungen. Gerade bei – meist verletzungsbedingten – Pausen entsteht, wie in der oben genannten Studie gefunden, eine depressive Symptomatik.

Sollte das Sportverhalten an sich schon zu Problemen führen, gesundheitlich oder im Sozialleben, dann besteht die Möglichkeit mittel Psychotherapie an alternativen Verhaltensweisen zu arbeiten oder die zugrundeliegenden Mechanismen aufzuarbeiten.

Da die Sportsucht oft phasenweise auftritt reicht manchmal auch eine kurzzeitige medizinische oder psychotherapeutische Intervention aus.

Sportsucht als Möglichkeit von einer anderen Sucht loszukommen

Manchmal mündet eine Sportsucht auch in eine andere Sucht oder kann aus einer anderen Sucht entstehen.
Gerade bei Menschen die in der Vergangenheit einen guten Zugang zu Sport hatten kann die – oft intensive – Wiederaufnahme von Sport helfen von einer stoffgebundenen Sucht loszukommen. Da dies eine Suchtverschiebung bedeutet, ist dies nicht ganz unproblematisch, aber in der Regel die gesündere und sozial verträglichere Variante als z.B. eine Alkohol- oder Opiatsucht.

Literatur:

Kindel, Constanze: Bis ans Limit. GEOkompakt, 2016, 46:112-119.

Antunes: Exercise deprivation increases negative mood in exercise-addicted subjects and modifies their biochemical markers. Physiol Behav.,15. März 2016;156:90-182. PubMed Link

Franziska Wischmann: Sportsucht: Wenn Körperkult zur Droge wird. FIT FOR FUN, http://www.fitforfun.de/sport/fitness-studio/sportsucht-report/sportsucht_aid_3878.html

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